hier zu sehen ist eine visuell-analytische übertragung des ricercars zu 6 stimmen, angefertigt mit hilfe von logic express und photoshop... auch ein fenster nach früher, aus dem recht frischer wind hereinweht.
beim besten willen bin ich kein a-blogger. ganz sicher nicht. besonders nicht in diesen tagen, in welchen mich ein "B" ganz besonderer art noch intensiver als je zuvor beschäftigt:
das große "B", das am beginn des nachnamens von Johann Sebastian Bach steht, dessen musik und leben mir derzeit recht nahe gehen.
bach war kein besonders erfolgreicher musiker, zu seiner zeit - verkannt, geschmäht, gedemütigt von herrschern und vorgesetzten, kaum gelang es ihm, von seiner musik zu leben... am ende seines arbeitsreichen lebens war seine musik das einzige erbe, und das brauchte noch ca. 100 jahre um entdeckt zu werden.
was mir an bachs musik so gut gefällt ist die kompromisslose suche nach schönheit und wahrheit, das verfolgen und pflegen eines formwillens, der das neue nebenher in den raum stellt - und dadurch seine musik so zeitlos macht.
wenn ich das a-moll-concerto höre, dann katapultiert mich das sofort emotional in meine ersten jahre mit klassischer musik zurück, irgendwann in den achtzigern.
ich hatte da eine schallplatte mit orgelmusik von bach gekauft, gespielt von karl richter... das concerto a-moll machte mir bach und vivaldi gleichermaßen zugänglich, ich hörte es tagelang rauf und runter. die schönheit dieser musik hat mir wohl die tore zur klassischen musik geöffnet. es ist aber auch heute noch für mich ein wirklich starkes stück, das enorm rockt:
bach hat sich bei einigen violin- und cembalokonzerten bei antonio vivaldi bedient und eigene versionen angefertigt (heute nennt man das "remix").
am eindrucksvollsten für mich sind die übertragungen von drei vivaldi-concerti grossi für orgel. was bach da an dichte und spielfreude anbringt, ist gewaltig. am bezauberndsten für mich ist die vermählung der venezianisch-üppigen formen mit der (nur oberflächlich betrachtet) nüchternen deutschen sachlichkeit: eine kombination, die sich gegenseitig befruchtet.
das concerto für orgel in d-moll ist eine fünfteilige, opulente reise: eine als kanon angelegte eröffnungspassage erhebt sich aus den tiefen und bereitet den boden für eine kurze passage mit mächtigen akkorden, die einer fuge die türen öffnet, welche mit einem unfassbar schönen orgelpunkt ihr ende findet... danach ein largosatz mit singender stimme im italienischen stil. der letzte satz ist eine typische vivaldiorgie an laufenden figuren, abwechslungsfreude und lebendigkeit, die den bogen zum beginn findet und das konzert rund beendet.
bei meinem derzeitigen herumkramen in den orgelwerken von j.s.bach entdeckte ich dieses mir bislang nicht zum bewusstsein gedrungene praeludium mit fuge in g-moll.
hier ist alles versammelt, was ich an den orgelwerken von bach so liebe: schöne passagen mit minimalistischen, ausgeschriebenen akkordprogressionen; eine lange, viel erzählende fuge; schöne läufe und einen sehr stimmigen zusammenhalt zwischen praeludium und fuge.
manchmal ist die kombination von praeludium und fuge im wohltemperierten klavier nur schwer nachvollziehbar, wenn man von den gemeinsamen tonarten absieht - so etwa bei nr. 7.
wie bereits angedeutet ist das praeludium nr. 7 so ausholend und breit angelegt, dass die kurze, angeschlossene fuge mehr wie ein "postludium" wirkt.
entsprechend verlockend war es, sie als musikalischen scherz mit blechbläsern zu besetzen:
die fantasie in g-dur gehört zu den stücken, die meine beziehung zu bachs musik schon lange prägen.
das prinzip der sonate, einen langsamen satz mit zwei schnellen sätzen einzurahmen, hat bach hier quasi auf die spitze getrieben: ein fünfstimmiger, sehr langer und meditativer mittelsatz wird flankiert von zwei spielerischen, raschen ecksätzen, die den hauptteil harmonisch vorbereiten und abrunden.
zu bachs zeiten wurde der begriff "clavier" noch ganz anders verwendet. er stand für cembalo, clavichord und auch für die orgelinstrumente. die heute gängigen konzertflügel gab es damals noch nicht.
auch deswegen finden sich im "wohltemperierten klavier" einige praeludien (und fugen), die sich wunderbar auf der orgel machen.
das praeludium nr. 7 aus dem ersten band gehört in diese gattung. ein dreiteiliges, weit ausholendes stück (das selbst eine doppelfuge beinhaltet) das die nachfolgende, sehr kurze fuge nur kaumest benötigt:
...dann können in einer gelungenen interpretation die einzelnen themeneinsätze deutlich gehört werden.
in dieser interpretation der 8. fuge aus dem ersten band des wohltemperierten klaviers habe ich mich genau darum bemüht - das thema erscheint in dieser wunderschönen dreistimmigen fuge neben der urgestalt auch in umkehrung und erweiterter form. der/die geneigte hörer/in achte auf gesteigerte lautstärken, die immer den beginn des themas markieren (und auch das ende von einem der sechs abschnitte (durchführungen), in die die fugenkomposition gegliedert ist).
...hat laut hermann keller johann sebastian bach mit dem 8. praeludium des I. bandes im wohltemperierten klavier geschrieben.
mein absolutes lieblingsstück der ganzen sammlung:
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