0505
manchmal braucht es eine wasserstoffbombe, das können sie mir glauben. wobei eine einzige oft nur bedingt zielführend ist, wenn der exakte ort und die richtige zeit nicht passen. schlimmstenfalls steigt die augenlicht gefährdende plasmakugel aus umgewandelter materie strahlend majestätisch am horizont hoch und es stellt sich – während sie noch den sekt einschenken – heraus, dass die koordinaten falsch kalibriert wurden. etliche kilometer abseits des rauchenden und nachglühenden kraters erfreut sich die ursache weiterhin unbeeindruckt ihrer erbärmlichen existenz und verhöhnt sie überdies, weil sie die ganze mühsal, die hohen kosten, die mitgelieferten moralischen verfehlungen, welche so eine enorme detonation mit sich bringt, nun ohne das tiefe gefühl der befriedigung investiert haben. dutzende millionen unschuldige menschen, tiere und gebäude wurden verdampft, können also auch nicht mehr standesgemäß begraben oder renoviert werden. eine ganze stadt ist nur noch auf diversen digitalen fotos zu sehen. tagelang, immerhin, haben die zeitungen nun etwas auflagensteigerndes und freuen sich darüber. ihr portraitfoto wiederum wird als beleg dafür herangezogen, dass man aus ihrer kranken visage schon früher alles hätte herauslesen können… und sollen. und sie selbst? sie sind enttäuscht. so eine bombe ist ja auch schweineteuer! mit hängendem kopf, die hände tief in den manteltaschen, schlurfen sie tagelang in der dämmerung durch regenpfützen. james dean war ein waisenknabe dagegen. der anlass, die ursache… sie wartet auf ihren nächsten schachzug. verzagen sie nicht, geben sie nicht auf. sparen sie keinesfalls am falschen fleck: an den bomben. manchmal braucht es eben mehrere.
(aus: 2015 - fuck me tender/Mai)
(aus: 2015 - fuck me tender/Mai)
david ramirer - Montag, 26. Februar 2018, 16:02