Montag, 29. November 2010

alles gute zum 100. geburtstag

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(...) Er betrachtete das Werk – denn als solches erschien es immerhin auch seinem einfachen Gemüte – zum ersten Mal mit ein wenig Aufmerksamkeit und trennte sich so innerlich von einer endlosen Reihe der Passanten, die täglich unter ihre Füße treten, was sie eben darum nie gesehen haben. Als eine Gliederung des jähen und also seiner Natur nach stumpfen und brüsken Terrain-Abfalles wuchs es empor oder kam es eigentlich herab, dessen unausführliche und also beinahe nichtssagend-allzufertige Aussage nun in zahlreiche anmutige Wendungen zerlegend, an denen entlang der Blick nicht mehr kurz ab und herunter glitt, sondern langsam fiel wie ein schaukelndes und zögerndes Herbstblatt. Hier wurde mehr als wortbar, nämlich schaubar deutlich, daß jeder Weg und jeder Pfad (und auch im unsrigen Garten) mehr ist als eine Verbindung zweier Punkte, deren einen man verläßt, um den anderen zu erreichen, sondern eigenen Wesens, und auch mehr als seine Richtung, die ihn nur absteckt, ein Vorwand, der versinken kann noch bei währendem Gehen. Dort oben, wo rechts die ockergelbe, einzeln und turmartig in den blauen Himmel hochgezogene Schulter eines kleinen, tief in sein inneres möbelhaftes Schweigen versunkenen Palais überstiegen und zurückgelassen wurde von einer hohen, in feinste Ästchen aufgelösten Baumkrone vor dem Sommerhimmel: dort oben schwang sich der Abgang zur ersten Rampe herein, würdig und ausholend in den baumreichen Hang, mit flachen, nicht mit steilen, eiligen, mühseligen Treppen. Hier war empor zu schreiten, hier mußte man herunter gezogen kommen, nicht geschwind hinauf oder herab steigen über die Hühnerleiter formloser Zwecke. Die Stiegen lagen da für jedermann, für’s selbstgenuge Pack und Gesindel, aber ihr Bau war bestimmt, sich dem Schritt des Schicksals vorzubreiten, welcher nicht geharnischten Fußes immer gesetzt werden muß, sondern oft fast lautlos auf den leichtesten Sohlen tritt, und in Atlasschuhen, oder mit den Trippelschrittchen eines baren armen Herzens, das tickenden Schlags auf seinen Füßlein läuft, auf winzigen bloßen Herzfüßlein und in seiner Not: auch ihm geben die Stiegen, mit Prunk herabkaskadierend, das Geleit, und sie sind immer da, und sie ermüden nie uns zu sagen, daß jeder Weg seine eigene Würde hat und auf jeden Fall immer mehr ist als das Ziel. Der Meister der Stiegen hat ein Stückchen unserer millionenfachen Wege in der Großstadt herausgegriffen und uns gezeigt, was in jedem Meter davon steckt an Dignität und Dekor. Und wenn die Rampen flach und schräg ausgreifen und querlaufen am Hange, den zweckhaften Kurzfall und all’ unsere Hühnerleitern verneinend; wenn ein Gang hier zur Diktion wird auf diesen Bühnen übereinander, und der würde-verlustige Mensch nun geradezu gezwungen scheint, sein Herabkommen doch ausführlicher vorzutragen trotz aller Herabgekommenheit: so ist damit der tiefste Wille des Meisters der Stiegen erfüllt, nämlich Mitbürgern und Nachfahren die Köstlichkeit all’ ihrer Wegstücke in allen ihren Tagen auseinanderzulegen und vorzutragen, und diese lange, ausführliche Phrase kadenziert durchzuführen – ein Zwang für trippelnde Herzln und für trampelnde Stiefel – bis herab, auf die Plattform, wo sich um’s Gewäsch und Geträtsche des Brunnens die sommerliche Einsamkeit dick sammelt, oder bis ganz unten zur Vase und zur Maske, die in eine warme stille Gasse schaut und ebenso unbegreiflich ist wie ein Lebendiges, sei sie gleich aus Stein. (...)

(Heimito von Doderer, Die Strudlhofstiege, Seite 330-332)

Freitag, 26. November 2010

ein schwank aus meinem leben

als ich neulich nach einem konzert, das unter der tatkräftigen mitwirkung des steppenhundes über die bühne ging, nachher mit ihm gemeinsam und einer reihe anderer netter damen und herren an einem caféhaustische saß und die konversation sich nicht in der rasanz entwickelte, die herr steppenhund sich wünschte, forderte er mich auf, einen schwank aus meinem leben zum besten zu geben. mein leben ist nicht unbedingt dicht gesät mit schnurren und faxen, anekdoten oder lustigen ereignissen (scheint mir), doch eine begebenheit der jüngsten vergangenheit fiel mir dann doch ein, jedoch fand sich an diesem abend nicht der raum, sie auch adäquat zu erzählen. ich sparte sie mir für eine andere gelegenheit auf: diesen blogbeitrag, den ich natürlich dem lieben steppenhund widmen möchte als kleines nachträgliches dankeschön für den insgesamt sehr schönen konzertabend.

vor wenigen wochen war ich im stadttheater mödling, das interessanterweise mit der selbstbezeichnung "theater zum fürchten" programm macht. es stand eine premiere auf dem spielplan: das stück "schade, dass sie eine hure war" von john ford (1586-1639), der ein dramatiker und nebstbei zeitgenosse von shakespeare war.
knapp zusammengefasst geht es in dem stück (das als "tragödie" bezeichnet wird) um eine verbotene liebe zwischen bruder und schwester: bruder liebt schwester verbotenerweise innig, bespricht sich diesbezüglich mit einem befreundeten priester und offenbart kurz drauf seine liebe der schwester, die im heiratsfähigsten alter und von diversen männern des ortes heftig umworben ist. bruder schwängert schwester in der ersten liebesnacht, schwester wird mit einem bewerber zwangsverheiratet, der herausfindet, dass sie von ihrem bruder schwanger ist und sie dann umbringen will... am ende sterben (wie in vielen tragödien der damaligen zeit) nahezu alle, schwer symbolistisch zum teil auch so, wie sie gelebt haben (vergiftet, erdolcht, erblindet + erhängt...).

die inszenierung war auf eine komische art und weise überhöht und pathetisch verfärbt; die darstellenden kamen zum überwiegenden teil marionettenhaft auf die bühne und der dramatische schluß, bei dem nahezu alle figuren ableben, hatte in seiner gekünstelten dramatik etwas vielleicht unfreiwillig komisches an sich.

das premierenpublikum lachte an vielen stellen des stückes, und ich war - da ich es mir angewöhnt habe, auch bei unfreiwilliger komik anzunehmen, dass sie beabsichtigt ist - auch amüsiert und lachte bisweilen, jedoch nicht lauter als andere und nur an stellen, die ohnehin auch auf der bühne textlos und laut abgingen... wie es sich gehört.

der langen vorrede schöne pointe kommt aber nun: im premierenpublikum befand sich ein herr mit langen grauen haaren, markanter nase im gesicht und mittelalterlichem gewand unter einem langen mantel, der einen auffälligen tigga-rucksack aus plüsch am rücken trug und eine frau an seiner seite, die eine haube mit rosa häschen-ohren auf dem kopf befestigt hatte. wie es mein glück so wollte, saßen die beiden rechts von mir im saal, was bis etwa fünf minuten vor ende der vorstellung kein thema für mich war. der tigga-rucksack saß manierlich am schoß des herren neben mir und blieb still. ich lachte ihn deswegen nicht aus - ich habe schon lächerlicheres gesehen.
doch ich lachte - wie schon beschrieben - über die darbietungen auf der bühne, die zum teil wirklich dazu reizten... wenn etwa der gehörnte gatte der schwester auf völlig übertrieben-pathetische art und weise zu ihr sagt: "du bist eine HURE!!", oder der bischof mit sonnenbrille (!) und rotem ornat auf der bühne herumstelzt und dabei wie ein mafia-don wirkt, oder eben auch, als der bruder im finale mit dem herzen seiner schwester auf einem dolch hereinstürzt, das messer in den tisch rammt und einer der herren am tisch sich daher übergeben muss und von der bühne läuft... da stimmte ich in die allgemeine erheiterung des publikums ein und lachte, so dezent es mir möglich war.
aber bei eben jener letzten szene, mit dem messer im tisch, wo wirklich alle im saal lachten, und die tragödie endgültig zur komödie wurde, da drehte sich der herr rechts zu mir und sagte, deutlich vernehmbar, in einem schulmeisterlich, belehrenden tone "das ist nicht lustig!" und seine begleiterin bekräftigte das, indem sie seinen satz wie ein echo auch in meine richtung warf.
ich war, ob dieser unfassbaren frechheit, im moment sprachlos - denn es ist in einem theater in hohem grade ungehörig, während des stückes jemanden anzureden, vor allem dann, wenn derjenige nichts tut, das der verständlichkeit des stückes zuwiderläuft (also laut redet, ablenkend mit dem handy herumspielt oder an stillen stellen laut lacht). einem aufmerksamen besucher eines stückes (der ich bin!) kann so eine unerwartete anrede von unbekannter seite die konzentration kaputtmachen und kurz vor ende den ganzen spaß nehmen (und ja: auch eine schlecht inszenierte tragödie kann spaß machen!).

meine sprache und mein spaß kamen erst einige minuten nach dem schlußapplaus wieder: da hatte doch jemand erwachsener mit einem tigga-rucksack am schoß und jemand anderer, der eine häschen-mütze trägt, mir gesagt, dass etwas nicht lustig ist.
ich bin nach wie vor überzeugt dass ich (und der überwiegende teil des publikums) völlig zu recht gelacht habe an dem abend, doch die wirkliche pointe im raum saß die ganze zeit rechts von mir, still und abwartend, im banne der "tragödie".

Dienstag, 9. November 2010

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