II. tag / 13. juli 2007 / von prägraten (osttirol) über den eissee und das walhorntörl zur defregger hütte
(I.)
ich stand um 7 uhr auf, um das im zimmerpreis enthaltene frühstück möglichst bald zu mir nehmen zu können. ich wollte möglichst bald "in den berg", weil touren in den bergen schon traditionell früh beginnen. in einem tagebucheintrag meines großvaters zur "glocknerüberschreitung" aus dem jahre 1947 steht dazu folgender absatz:
Die bevorstehende Bergfahrt beschäftigte meine Gedanken derart, daß ich die wenigen Stunden vor unserem Aufbruch, nur im Halbschlaf, auf den Matratzen der Hoffmannshütte hindöste und immer auf die Uhr schaute, um ja nicht Zeit zu verschlafen. Endlich war es so weit, halb drei uhr früh, meine Bergkameraden waren auch sofort auf und bei Kerzenlicht schlüpften wir in unsere Kleider. Wie erstaunt war ich, als ich in den kleinen Gastraum der Hütte hinüberging und in der anschließenden Küche Licht und Feuer brannte, der Hüttenwirt Herbert Zitterer lies es sich nicht nehmen, uns trotz der frühen Stunde ein warmes Frühstück, Polenta und Kaffee zu bereiten. Es ist dies eine Art von Bergkameradschaft, wie man sie leider sehr selten bei Hüttenpächtern findet, außer es sind Menschen die so mit den Bergen verbunden sind wie eben Herbert Zitterer von der Hoffmannshütte.
nach dem frühstück schlichtete ich die ausrüstungsgegenstände im rucksack noch ein letztes mal um, da mir die reihenfolge der dinge und die verpackungslogistik noch nicht gefiel. dann aber, endlich, konnte es losgehen.
um halb neun uhr ging ich von prägraten (1309m) hinauf zur bodenalm (1948m), durch den vormittäglich in der sonne schon duftenden wald, vorbei an den fällen des timmelbaches, und ich füllte an einer quelle meine trinkflasche.
auf der bodenalm rastete ich kurz und nahm ein käsebrot zu mir. dieses war sehr hübsch garniert, das brot war gar nicht zu sehen, sogar blumen lagen oben drauf. dazu trank ich ein "schiwasser" (so nennt man hier wasser, das mit himbeersaft versetzt wird) und ein viertel liter buttermilch von der alm, deren geschmack mich an meine kindheit erinnerte.
danach ging es weiter dem timmelbach entlang hinauf zur mir schon bekannten eissehütte, die man vom eingang des tales, in dem der timmelbach fließt, die ganze zeit vor sich sehen kann. es ist frappierend, wie wenig die größe der hütte sich verändert, wenn man weitergeht. sie scheint immer noch endlos weit weg zu sein. aber das machte mir nichts. der weg über die wallhornalm ist sehr idyllisch und einfach und ich ging im hellen sonnenschein hurtig dahin und machte keine pause mehr bis zur eissehütte (2521m).
die einzigen pausen legte ich immer nur kurz bei den quellen ein, die von links herunterströmen, denn das frische klare wasser direkt aus den felsen ist von einer erfrischenden klar- und reinheit, dass ich nicht anders kann, als da mindestens meine hand kurz hineinzuhalten bzw. davon zu trinken.
ich habe schon bei einer tour am schneeberg gesehen, wie schmetterlinge sich auf hundescheisse niederlassen. hier haben sie dank der kühe eine etwas größere auswahl am buffet:
nach einem "schiwasser" und einem heissen tee auf der eisseehütte (denn mein hals war ein wenig rauh von der ungewohnt frischen luft hier heroben) konnte ich es kaum erwarten, weiter zum eissee zu gelangen, der bei meiner reise hierher vor vier jahren, damals im beginnenden regen, einer der höhepunkte war, wie ein auge daliegend, blau-grünlich schimmernd und den himmel reflektierend. damals war meine frustration hoch, dass die kamera gerade da ihre beiden batteriesätze willkürlich abrupt von jeder energie entleert hatte und ich kein einziges foto von diesem see machen konnte. diesesmal sollte das nicht so sein.
doch noch mehr als auf den see selbst freute ich mich auf die ihn umgebende berglandschaft. diese ist von der stimmung her "außerirdisch", anders kann ich es nicht nennen. auf einer enorm großen fläche breiten sich teilweise sehr wuchtige felsen aus, die von den umgebenden gipfeln herabfließen. über diese felsen kann/muss man aber sehr gut hinwegklettern bzw. von einem felsen zum anderen springen, was ich mit einer leichtigkeit tat, die mich selbst erneut verblüffte. bin ich in einem früheren leben eine gemse gewesen?
und da lag er dann, der eissee (2664m):
rasch nahm ich den markierten weg hinunter, um meine füße darin zu kühlen (bis dahin hatte der see wohl trinkwasserqualität :-) )
ich pausierte nicht lange am see. nach einem kurzen studium meiner karte entschied ich mich, zum wallhorntörl (3045m) zu gelangen um von dort zur defreggerhütte weiterzugehen; doch ich hatte keine lust mehr, nur auf den (rot) markierten wegen weiterzugehen. in den ök50 karten gibt es auch punktierte und linierte wege, die zum teil alte pfade bezeichnen. ich wollte auf diesen pfaden zum wallhorntörl gelangen und sah rechts von meiner lagerstatt am see eine kurze passage über felsen, die mich in die nähe so eines alten pfades führte.
diese passage nahm ich mit großer freude und leichtigkeit. ich habe mich selten so sicher und behende gefühlt, so absolut überzeugt davon, dass jeder schritt und jeder tritt der richtige ist. es ist für mich bisweilen erstaunlich, wie der berg zu mir sprechen kann: "komm hier entlang" oder "hier geht es weiter". so gelangte ich zum granaberkees und über dieses gelangte ich so zur seekopfscharte (3042m).
hier rastete ich wieder kurz. der wind wurde hier oben doch schon etwas kühler, ich hatte zusätzlich zu pullover und jacke auch noch die regenjacke und meine handschuhe angezogen. auch meine bergstecken waren bei der kurzen querung des kees (gletschers) bereits zum einsatz gekommen. bei meinem kurzen aufenthalt hier oben fand ich etwas, das ich mit besonderem nachdruck wieder mit ins tal genommen habe, etwas, was mir die endgültige moralische begründung dafür gab, diesen abseits der markierten wege gelegenen weg zu beschreiten.
offenbar hatten auch andere vor mir den weg hierher gefunden, und diese anderen hatten auch fotografiert... denn es lag hier unter einem steine eine aufladbare batterie, wohl schon seit einigen monaten. derartiges hat hier nichts zu suchen, also steckte ich sie in meine regenjackentasche.
weiter ging es über den grat zum hinteren (3234m) und vorderen (3282m) seekopf, am kees in einer bereits betretenen spur vorbei an der weißspitze (die sich zeitmäßig einfach nicht mehr ausging) zum wallhorntörl. das stapfen im tiefen schnee war sehr ermüdend und ich kam ziemlich erschöpft und mit nassen schuhen um 20:20 am törl an.
der letzte wegabschnitt war jetzt noch die gletscherquerung zum defreggerhaus, die sich - meiner einschätzung nach - noch vor einbruch der absoluten dunkelheit ausgehen sollte, denn ich hatte ja noch etwa eineinhalb stunden tageslicht zur verfügung. also ging ich es an. über das schneebedeckte eis ging ich in einer bereits doppelt ausgetretenen spur über den gletscher, immer bei jedem tritt die sicherheit des standes prüfend und mit den wanderstecken die standfestigkeit sichernd.
problemlos kam ich über den gletscher, während sich rund um mich die dämmerung zu senken begann.
doch die größe des gletschers hatte sich seit der aufnahme meiner karte (sommer 1984) doch erheblich verkleinert und so stand ich bald auf nacktem fels, doch dort, wo laut der karte die defreggerhütte sein sollte, da war nichts, und ich irrte weiter, jetzt schon von wirklich stark zunehmender dämmerung umgeben. die stimmung war - trotz der etwas beunruhigenden situation - herrlich. ich ging über große felsblöcke, vorbei an kleinen gletscherschmelzwasserseen und sah in der ferne die steinmännchen auf dem mullwitzaderl (3244m) die ich in meiner phase der desorientierung für die schornsteine der defreggerhütte hielt. mich wunderte nur, warum kein rauch daraus in den nachthimmel aufstieg. ich ging also weiter auf dieses einzige element der landschaft zu und machte mich schon mit dem gedanken vertraut, hier im freien notbiwakieren zu müssen, da ein weitergehen im völlig dunklen viel zu gefährlich ist (trotz taschenlampe).
gerade als ich mich endgültig mit meiner situation abgefunden hatte und mich mental schon auf das aufschlagen des nachtlagers hier in einer erdmulde eingestellt hatte, querte ich einen kleinen grat und sah wenige höhenmeter unter mir die lichter der defreggerhütte (2953m), und hatte damit den alten spruch "wenn du wirklich glaubst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein lichterl her" am eigenen leibe erlebt.
selbstverständlich erinnerte mich auch dieses erlebnis sehr an das tagebuch meines großvaters, der bei eben dieser schon erwähnten glocknerquerung im jahre 1947 folgendes erlebt hatte:
Fest und rank war der Fels, jeder Griff und Tritt machte mir Freude und lies all das vergangene vergessen. Tief drunten im Tal war es bereits Nacht, einzelne Lichter flimmerten auf und die dunklen Schatten krochen immer höher und höher und wir kletterten mit ihnen um die Wette und blieben Sieger. Um halb neun Uhr abends drückten wir uns am Gipfel des Glockners glücklich die Hände. Gerade so, als hätte sie auf uns noch gewartet, um zu sehen ob wir es doch noch schafften, senkte sich jetzt das letzte Segment der scheidenden Sonne hinter der erhabenen Bergwelt im Westen; In märchenhaften Silhuetten stehen die königlichen Formen der Dolomiten im Süden und ihr dunkler werden mahnt uns zum Abstieg. Um halb elf Uhr abends erreichten wir die Adlerruhe.
wirklich mit dem letzten rest licht betrat ich die hütte, es war 22 uhr. ich zog die bergschuhe und den rucksack aus und steuerte die gaststube an, um dort ein schiwasser zu trinken. selten genoß ich ein getränk so, selten fühlte ich die behaglichkeit einer berghütte derart eindringlich.
nach dieser erfahrung war mir nicht klar, ob ich mich nicht mit dem vorhaben dieser tour übernommen hatte, und ob ich nicht umkehren sollte (z.b. über die johannishütte und die sajathütte zurück nach prägraten) doch eine entscheidung darüber traf ich nicht mehr, dafür war ich einfach zu erschöpft und emotional aufgewühlt, ich wollte nur mehr ruhen.
ich bat um ein lager für die nacht und legte mich sehr bald hin.
III.
ich stand um 7 uhr auf, um das im zimmerpreis enthaltene frühstück möglichst bald zu mir nehmen zu können. ich wollte möglichst bald "in den berg", weil touren in den bergen schon traditionell früh beginnen. in einem tagebucheintrag meines großvaters zur "glocknerüberschreitung" aus dem jahre 1947 steht dazu folgender absatz:
Die bevorstehende Bergfahrt beschäftigte meine Gedanken derart, daß ich die wenigen Stunden vor unserem Aufbruch, nur im Halbschlaf, auf den Matratzen der Hoffmannshütte hindöste und immer auf die Uhr schaute, um ja nicht Zeit zu verschlafen. Endlich war es so weit, halb drei uhr früh, meine Bergkameraden waren auch sofort auf und bei Kerzenlicht schlüpften wir in unsere Kleider. Wie erstaunt war ich, als ich in den kleinen Gastraum der Hütte hinüberging und in der anschließenden Küche Licht und Feuer brannte, der Hüttenwirt Herbert Zitterer lies es sich nicht nehmen, uns trotz der frühen Stunde ein warmes Frühstück, Polenta und Kaffee zu bereiten. Es ist dies eine Art von Bergkameradschaft, wie man sie leider sehr selten bei Hüttenpächtern findet, außer es sind Menschen die so mit den Bergen verbunden sind wie eben Herbert Zitterer von der Hoffmannshütte.
nach dem frühstück schlichtete ich die ausrüstungsgegenstände im rucksack noch ein letztes mal um, da mir die reihenfolge der dinge und die verpackungslogistik noch nicht gefiel. dann aber, endlich, konnte es losgehen.
um halb neun uhr ging ich von prägraten (1309m) hinauf zur bodenalm (1948m), durch den vormittäglich in der sonne schon duftenden wald, vorbei an den fällen des timmelbaches, und ich füllte an einer quelle meine trinkflasche.
auf der bodenalm rastete ich kurz und nahm ein käsebrot zu mir. dieses war sehr hübsch garniert, das brot war gar nicht zu sehen, sogar blumen lagen oben drauf. dazu trank ich ein "schiwasser" (so nennt man hier wasser, das mit himbeersaft versetzt wird) und ein viertel liter buttermilch von der alm, deren geschmack mich an meine kindheit erinnerte.
danach ging es weiter dem timmelbach entlang hinauf zur mir schon bekannten eissehütte, die man vom eingang des tales, in dem der timmelbach fließt, die ganze zeit vor sich sehen kann. es ist frappierend, wie wenig die größe der hütte sich verändert, wenn man weitergeht. sie scheint immer noch endlos weit weg zu sein. aber das machte mir nichts. der weg über die wallhornalm ist sehr idyllisch und einfach und ich ging im hellen sonnenschein hurtig dahin und machte keine pause mehr bis zur eissehütte (2521m).
die einzigen pausen legte ich immer nur kurz bei den quellen ein, die von links herunterströmen, denn das frische klare wasser direkt aus den felsen ist von einer erfrischenden klar- und reinheit, dass ich nicht anders kann, als da mindestens meine hand kurz hineinzuhalten bzw. davon zu trinken.
ich habe schon bei einer tour am schneeberg gesehen, wie schmetterlinge sich auf hundescheisse niederlassen. hier haben sie dank der kühe eine etwas größere auswahl am buffet:
nach einem "schiwasser" und einem heissen tee auf der eisseehütte (denn mein hals war ein wenig rauh von der ungewohnt frischen luft hier heroben) konnte ich es kaum erwarten, weiter zum eissee zu gelangen, der bei meiner reise hierher vor vier jahren, damals im beginnenden regen, einer der höhepunkte war, wie ein auge daliegend, blau-grünlich schimmernd und den himmel reflektierend. damals war meine frustration hoch, dass die kamera gerade da ihre beiden batteriesätze willkürlich abrupt von jeder energie entleert hatte und ich kein einziges foto von diesem see machen konnte. diesesmal sollte das nicht so sein.
doch noch mehr als auf den see selbst freute ich mich auf die ihn umgebende berglandschaft. diese ist von der stimmung her "außerirdisch", anders kann ich es nicht nennen. auf einer enorm großen fläche breiten sich teilweise sehr wuchtige felsen aus, die von den umgebenden gipfeln herabfließen. über diese felsen kann/muss man aber sehr gut hinwegklettern bzw. von einem felsen zum anderen springen, was ich mit einer leichtigkeit tat, die mich selbst erneut verblüffte. bin ich in einem früheren leben eine gemse gewesen?
und da lag er dann, der eissee (2664m):
rasch nahm ich den markierten weg hinunter, um meine füße darin zu kühlen (bis dahin hatte der see wohl trinkwasserqualität :-) )
ich pausierte nicht lange am see. nach einem kurzen studium meiner karte entschied ich mich, zum wallhorntörl (3045m) zu gelangen um von dort zur defreggerhütte weiterzugehen; doch ich hatte keine lust mehr, nur auf den (rot) markierten wegen weiterzugehen. in den ök50 karten gibt es auch punktierte und linierte wege, die zum teil alte pfade bezeichnen. ich wollte auf diesen pfaden zum wallhorntörl gelangen und sah rechts von meiner lagerstatt am see eine kurze passage über felsen, die mich in die nähe so eines alten pfades führte.
diese passage nahm ich mit großer freude und leichtigkeit. ich habe mich selten so sicher und behende gefühlt, so absolut überzeugt davon, dass jeder schritt und jeder tritt der richtige ist. es ist für mich bisweilen erstaunlich, wie der berg zu mir sprechen kann: "komm hier entlang" oder "hier geht es weiter". so gelangte ich zum granaberkees und über dieses gelangte ich so zur seekopfscharte (3042m).
hier rastete ich wieder kurz. der wind wurde hier oben doch schon etwas kühler, ich hatte zusätzlich zu pullover und jacke auch noch die regenjacke und meine handschuhe angezogen. auch meine bergstecken waren bei der kurzen querung des kees (gletschers) bereits zum einsatz gekommen. bei meinem kurzen aufenthalt hier oben fand ich etwas, das ich mit besonderem nachdruck wieder mit ins tal genommen habe, etwas, was mir die endgültige moralische begründung dafür gab, diesen abseits der markierten wege gelegenen weg zu beschreiten.
offenbar hatten auch andere vor mir den weg hierher gefunden, und diese anderen hatten auch fotografiert... denn es lag hier unter einem steine eine aufladbare batterie, wohl schon seit einigen monaten. derartiges hat hier nichts zu suchen, also steckte ich sie in meine regenjackentasche.
weiter ging es über den grat zum hinteren (3234m) und vorderen (3282m) seekopf, am kees in einer bereits betretenen spur vorbei an der weißspitze (die sich zeitmäßig einfach nicht mehr ausging) zum wallhorntörl. das stapfen im tiefen schnee war sehr ermüdend und ich kam ziemlich erschöpft und mit nassen schuhen um 20:20 am törl an.
der letzte wegabschnitt war jetzt noch die gletscherquerung zum defreggerhaus, die sich - meiner einschätzung nach - noch vor einbruch der absoluten dunkelheit ausgehen sollte, denn ich hatte ja noch etwa eineinhalb stunden tageslicht zur verfügung. also ging ich es an. über das schneebedeckte eis ging ich in einer bereits doppelt ausgetretenen spur über den gletscher, immer bei jedem tritt die sicherheit des standes prüfend und mit den wanderstecken die standfestigkeit sichernd.
problemlos kam ich über den gletscher, während sich rund um mich die dämmerung zu senken begann.
doch die größe des gletschers hatte sich seit der aufnahme meiner karte (sommer 1984) doch erheblich verkleinert und so stand ich bald auf nacktem fels, doch dort, wo laut der karte die defreggerhütte sein sollte, da war nichts, und ich irrte weiter, jetzt schon von wirklich stark zunehmender dämmerung umgeben. die stimmung war - trotz der etwas beunruhigenden situation - herrlich. ich ging über große felsblöcke, vorbei an kleinen gletscherschmelzwasserseen und sah in der ferne die steinmännchen auf dem mullwitzaderl (3244m) die ich in meiner phase der desorientierung für die schornsteine der defreggerhütte hielt. mich wunderte nur, warum kein rauch daraus in den nachthimmel aufstieg. ich ging also weiter auf dieses einzige element der landschaft zu und machte mich schon mit dem gedanken vertraut, hier im freien notbiwakieren zu müssen, da ein weitergehen im völlig dunklen viel zu gefährlich ist (trotz taschenlampe).
gerade als ich mich endgültig mit meiner situation abgefunden hatte und mich mental schon auf das aufschlagen des nachtlagers hier in einer erdmulde eingestellt hatte, querte ich einen kleinen grat und sah wenige höhenmeter unter mir die lichter der defreggerhütte (2953m), und hatte damit den alten spruch "wenn du wirklich glaubst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein lichterl her" am eigenen leibe erlebt.
selbstverständlich erinnerte mich auch dieses erlebnis sehr an das tagebuch meines großvaters, der bei eben dieser schon erwähnten glocknerquerung im jahre 1947 folgendes erlebt hatte:
Fest und rank war der Fels, jeder Griff und Tritt machte mir Freude und lies all das vergangene vergessen. Tief drunten im Tal war es bereits Nacht, einzelne Lichter flimmerten auf und die dunklen Schatten krochen immer höher und höher und wir kletterten mit ihnen um die Wette und blieben Sieger. Um halb neun Uhr abends drückten wir uns am Gipfel des Glockners glücklich die Hände. Gerade so, als hätte sie auf uns noch gewartet, um zu sehen ob wir es doch noch schafften, senkte sich jetzt das letzte Segment der scheidenden Sonne hinter der erhabenen Bergwelt im Westen; In märchenhaften Silhuetten stehen die königlichen Formen der Dolomiten im Süden und ihr dunkler werden mahnt uns zum Abstieg. Um halb elf Uhr abends erreichten wir die Adlerruhe.
wirklich mit dem letzten rest licht betrat ich die hütte, es war 22 uhr. ich zog die bergschuhe und den rucksack aus und steuerte die gaststube an, um dort ein schiwasser zu trinken. selten genoß ich ein getränk so, selten fühlte ich die behaglichkeit einer berghütte derart eindringlich.
nach dieser erfahrung war mir nicht klar, ob ich mich nicht mit dem vorhaben dieser tour übernommen hatte, und ob ich nicht umkehren sollte (z.b. über die johannishütte und die sajathütte zurück nach prägraten) doch eine entscheidung darüber traf ich nicht mehr, dafür war ich einfach zu erschöpft und emotional aufgewühlt, ich wollte nur mehr ruhen.
ich bat um ein lager für die nacht und legte mich sehr bald hin.
III.
david ramirer - Mittwoch, 18. Juli 2007, 16:00
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