1. Folge: Schöne Beine
im Schauspielhaus Wien wird derzeit in zwölf Folgen Die Strudlhofstiege von Heimito von Doderer als "Fortsetzungstheaterstück" aufgeführt: 12 Abende, 12 Regisseure, 4 Schauspielerinnen und Schauspieler, 900 Seiten Roman.
Ich begleite, gemeinsam mit anderen Mitgliedern der Heimito von Doderer-Gesellschaft, dieses Projekt in Form von kurzen Eindruckswiedergaben, die im Doderer-Forum, und hier, nachzulesen sind.
Folge 1: Schöne Beine (Aufführung vom 4.1.2008)
Regie: Daniela Kranz
Seite 1-150
Die Strudlhofstiege von Heimito von Doderer ist in seiner Form ein sehr vielschichtiger Roman, der alles andere als für das Theater konzipiert oder geeignet ist. Doderer selbst hatte ja (wenn man einem bekannten Interview Glauben schenkt) ein tiefes Desinteresse am Theater. Dennoch sind die komischen und sprachwitzigen (im besten Sinne “humoristischen”) Elemente in Doderers Werken auf Schritt und Tritt zu finden, auch im Stiegenroman…
Die hier dargebotene “Umsetzung” (dieser Begriff führt schon in die Irre!) des vielschichtigen Romangebäudes schöpft mehr oder weniger “das Absurde ab” und übersteigert es alles andere als subtil. Da aber diese absurden Übersteigerungen weitgehend am Originaltext mitvibrieren, ist diese fast kabarettartige Darbietung für den Kenner und Liebhaber der Dodererschen Sprachqualitäten eine völlig neue Sichtmöglichkeit auf den Text (wenn er nicht von anderen Erwartungen getragen hingeht).
“Gerecht” wird diese Idee dem Text keinesfalls - aber warum sollte sie das auch? Ein unbefangener, lasziver Umgang mit der doch auch knisternden Erotik in Doderers Buch, ein jugendlicher, übersteigert grotesker Impetus in der Darstellung einiger zentraler Figuren hat bei aller Ferne vom eigentlichen Werk etwas sympatisches: Wenn die Szene im Zug mit Melzer und Laska “entgleist”, oder auch die Verwandlung von Melzer aus dem Major in den Amtsrat in der Tabakregie… das hat verdeutlichenden Charakter, der ganz aus dem Text entspringt. Sicher sind manche Einfälle sehr überzogen (etwa Rene Stangeler, der die Krapfen vertilgt und förmlich auszuzelt), doch reflektieren auch diese Vignetten auf einfühlsame Art und Weise die Originalzitate Doderers.
Warum das vorangestellte, wunderschöne Gedicht “Auf die Strudlhofstiege zu Wien” als Telefonanruf einlangt, und der Anrufer sich einmal (gespielterweise) verhaspelt, ist mir nicht ganz transparent geworden, abgesehen davon, dass somit sehr bald klar wird, dass es eben nicht um “Werktreue” geht. Wenn dieses Element eine Chiffre dafür sein soll, mag mir das auch recht sein.
Es sollte nicht darauf vergessen werden, dass “Majestätsbeleidigung” beinhaltet, dass es eine Majestät gibt - die als solche wahrgenommen wird. Ich glaube, dass dieser absurde, unverfrorene, freche und beschwingte Umgang mit Doderers Werk der Rezeption (durch neue Leser) gut tut und gut tun wird.
Wer sich also von dieser Reihe eine “ins Theater transportierte Fassung” erwartet, wird gezwungener Maßen enttäuscht sein.
Ich jedenfalls bin sehr froh, dass hier etwas anderes unternommen worden ist, und werde mir auch die weiteren Folgen ansehen.
Ich begleite, gemeinsam mit anderen Mitgliedern der Heimito von Doderer-Gesellschaft, dieses Projekt in Form von kurzen Eindruckswiedergaben, die im Doderer-Forum, und hier, nachzulesen sind.
Folge 1: Schöne Beine (Aufführung vom 4.1.2008)
Regie: Daniela Kranz
Seite 1-150
Die Strudlhofstiege von Heimito von Doderer ist in seiner Form ein sehr vielschichtiger Roman, der alles andere als für das Theater konzipiert oder geeignet ist. Doderer selbst hatte ja (wenn man einem bekannten Interview Glauben schenkt) ein tiefes Desinteresse am Theater. Dennoch sind die komischen und sprachwitzigen (im besten Sinne “humoristischen”) Elemente in Doderers Werken auf Schritt und Tritt zu finden, auch im Stiegenroman…
Die hier dargebotene “Umsetzung” (dieser Begriff führt schon in die Irre!) des vielschichtigen Romangebäudes schöpft mehr oder weniger “das Absurde ab” und übersteigert es alles andere als subtil. Da aber diese absurden Übersteigerungen weitgehend am Originaltext mitvibrieren, ist diese fast kabarettartige Darbietung für den Kenner und Liebhaber der Dodererschen Sprachqualitäten eine völlig neue Sichtmöglichkeit auf den Text (wenn er nicht von anderen Erwartungen getragen hingeht).
“Gerecht” wird diese Idee dem Text keinesfalls - aber warum sollte sie das auch? Ein unbefangener, lasziver Umgang mit der doch auch knisternden Erotik in Doderers Buch, ein jugendlicher, übersteigert grotesker Impetus in der Darstellung einiger zentraler Figuren hat bei aller Ferne vom eigentlichen Werk etwas sympatisches: Wenn die Szene im Zug mit Melzer und Laska “entgleist”, oder auch die Verwandlung von Melzer aus dem Major in den Amtsrat in der Tabakregie… das hat verdeutlichenden Charakter, der ganz aus dem Text entspringt. Sicher sind manche Einfälle sehr überzogen (etwa Rene Stangeler, der die Krapfen vertilgt und förmlich auszuzelt), doch reflektieren auch diese Vignetten auf einfühlsame Art und Weise die Originalzitate Doderers.
Warum das vorangestellte, wunderschöne Gedicht “Auf die Strudlhofstiege zu Wien” als Telefonanruf einlangt, und der Anrufer sich einmal (gespielterweise) verhaspelt, ist mir nicht ganz transparent geworden, abgesehen davon, dass somit sehr bald klar wird, dass es eben nicht um “Werktreue” geht. Wenn dieses Element eine Chiffre dafür sein soll, mag mir das auch recht sein.
Es sollte nicht darauf vergessen werden, dass “Majestätsbeleidigung” beinhaltet, dass es eine Majestät gibt - die als solche wahrgenommen wird. Ich glaube, dass dieser absurde, unverfrorene, freche und beschwingte Umgang mit Doderers Werk der Rezeption (durch neue Leser) gut tut und gut tun wird.
Wer sich also von dieser Reihe eine “ins Theater transportierte Fassung” erwartet, wird gezwungener Maßen enttäuscht sein.
Ich jedenfalls bin sehr froh, dass hier etwas anderes unternommen worden ist, und werde mir auch die weiteren Folgen ansehen.
david ramirer - Freitag, 4. Januar 2008, 21:00
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