zwei farben
erklärung: die "informatische farbmischung", die mein mentor an der wiener kunstschule, wolfgang winter, ende des 20. jahrhunderts entwickelt hat, ermöglicht das klar definierte erweitern einer farbe mit hilfe klarer muster.
hier sieht man als wunderbares beispiel aus seinem farbenlehrekurs die farbe "40", die als stoffliche farbe sowohl als dunklerer orangeton als auch hellerer rotton im system auftrat, zunächst auf 64 farben erweitert (modus linear eng+weit (rekursiv)).
sodann wurde jede der 64 farben wieder auf 64 farben erweitert, was dann eine sehr starke erweiterung auf 4096 farben ergibt. auch wenn der stoffliche eindruck der farben nicht zu sehen ist, wird doch klar, dass beide farben enorm unterschiedlich sind.
abgesehen davon ermöglichen die dadurch entstehenden latenzen auch die komplexesten farbgestaltungen. meist wird rückführendes filtern nötig sein, um lesbare farbwirkungen zu erzielen, aber die latenzen und möglichkeiten bleiben enorm.
für mich ist die wintersche farbenlehre vergleichbar mit schönbergs zwölftontheorie: eine wissenschaft, welche die malerei revolutionieren könnte.
ähnlich aber wie in der musik braucht das noch zeit... vor allem, bis es dann auch beim publikum ankommt.
david ramirer - Mittwoch, 20. Februar 2013, 22:34
6 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks, die freuden der malerei im 21. jahrhundert, 1589 mal gelesen
Das Setzen von Farbe geschieht, und nicht nur in der gegenstänlichen Malerei, doch eher aus dem Gefühl heraus (wohl wissend um die Wirkung von Farben, komplementär, etc.). Seurat und Signac haben sich seinerzeit schon sehr weit aus dem Fenster gelehnt, und dabei die Malerei an sich zum Teil verlassen.
Andererseits, im Zeitalter der Computergraphik, wäre der Begriff Malerei überhaupt zu hinterfragen.
Ps.: Purist der ich bin, halte ich auch Mondrian für keinen Maler.
(dieses kastendenken in den disziplinen (maler / zeichner / grafiker / computergrafiker) hilft nicht weiter, lenkt nur ab)
schon mit der erfindung der camera obscura war der begriff "maler" zu hinterfragen, und ich habe noch niemals eine klare erklärung gehört oder gelesen, was ein maler ist oder nicht ist.
technisch-puristisch gesehen ist mondrian selbstverständlich ein maler... aber, wie gesagt, jeder kann ja ausklammern wen er will, ist es ja ohnehin insubstanziell.
oben ist ja von der winterschen farbenlehre nur ein ganz kleiner ausschnitt zu sehen, da ist eine beurteilung noch gar nicht ernsthaft möglich. ich mag halt diese erweiterungen, aber in der winterschen farbenlehre ging es auch um ganz anderes handgreiflich-praktisches (durchscheineffekte, glanz, aktive und passive leuchter, farbstörungen, landschaftslogiken, filter, usw. usf. - das war und ist für maler und alle anderen, die mit farben arbeiten schon auch sehr praktikabel - selbst für fotografen). die farberweiterungen öffneten einen horizont, eben dass eine farbe mehr ist als etwas zusammengemischtes auf der pallette, dass sie in mehreren farben genau definiert werden kann, sogar bevor der simultankontrast oder die lichtmischung einsetzt. das gibt der idee der farbe eine ebene, die weder goethe noch itten geahnt haben.
sicher - jeder maler/gestalter/zeichner macht sich seine farbenlehre selbst. denen von goethe, itten und anderen fehlt es gerade am praxisbezug, den die wintersche farbenlehre wenigstens andachte. interessant, dass josef albers nie genannt wird, der war viel weiter als goethe oder itten, aber so wie es in der malerei substanziell wird, drehen sich alle weg. auch ein grund, warum mir der begriff "maler" nicht mehr viel wert ist... alles dünnbrettbohrer (geistig).
warum soll gerade und nur in der malerei sich das gefühl mit dem wissen nicht vertragen? in der musik funktioniert das wunderbar.
(mich erstaunt ja immer wieder, wie angenommen werden kann, dass das eine ohne dem anderen auskommt: denn die gefühlten gefühle müssen ja mittels wissen+können+verantwortung aufs bild übertragen werden, und genau das macht die kunst aus, immer schon)
"komplementärfarben" - und die berühmt-dummen "drei-/vier-/etc.-klänge" von itten helfen gar nicht weiter, es sei denn, man will langweilige bilder malen (dann schon. gleiches gilt für den überbewerteten goldenen schnitt...).
das gefühl ist ohnehin immer im spiel, hoffentlich - aber mich ärgert schon ein wenig, dass die malerei auch heute noch ca. 1000 kilometer hinter der musik hinterherhumpelt, wenn es um geistige inhalte geht (man braucht nur die lehrinhalte in den entsprechenden hochschulen zu vergleichen um zu sehen, wo man der wissenschaft näher ist).
utopist, der ich bin, bin ich mir sicher, dass albrecht dürer heutzutage mit computern wunderbar auskommen und die frage nach "malerei" gar nicht stellen würde; ihm ging es nämlich um substanzielleres.
Und selbstverständlich funktioniert Malerei NUR auch mit theoretischem Wissen und Verständnis. Gefühl und theoretischer Überbau sind kein Gegensatz.
"mich erstaunt ja immer wieder, wie angenommen werden kann, dass das eine ohne dem anderen auskommt: denn die gefühlten gefühle müssen ja mittels wissen+können+verantwortung aufs bild übertragen werden, und genau das macht die kunst aus, immer schon", dem kann ich mich nur anschließen.
Allerdings unterscheide ich zwischen Malerei als persönlichem Ausdruck und Malerei als Illustration von Theorie. Letzteres zähle ich eher zur Illustration, und für mich gehört Mondrian und die Konstruktivisten, wie auch andere, dazu.
Der Vorstellung, dass ein Maler auch heute nur einer ist, der mit Farbe und Pinsel Werke auf Bildträger bringt, ist überholt. Na selbstverständlich sind alle Möglichkeiten und Materialien zu nutzen, incl. Computer.
Wenn ich aber z.B. einen Computer Farbvarianten errechnen lasse und diese abbilde in vorgegebenen Formen (z.B. Quadrate), ist das eine Abbildung oder Illustration, keine Malerei.
Zur Malerei gehört der Ausdruck, und das nenne ich Gefühl (mir fällt momentan kein anderer Begriff ein).
Wenn ich als Betrachter zu einem Bild den theoretischen Überbau kennen muss, dann stimmt etwas nicht, soweit mein Ansatz zum Puristen. Wenn du am PC Formen und Farben erstellst, muss es in erster Linie für das Ergebnis egal sein, wie du das gemacht hast (im Nachhinein ist es interessant), das Ergebnis sollte für sich sprechen, ein Gefühl (schon wieder) vermitteln, etwas zu mir sagen.
Das verlange ich (für mich) auch von Musik.
An Hochschulen der Wissenschaft nahe oder näher sein, hat meiner Meinung nach, nicht sehr viel damit zu tun. Hochschulen können maximal Werkzeug und Fertigkeit vermitteln, icl. theoretischem Überbau. Die Schnittstelle Schaffender - Betrachter ist allein eine Zweierbeziehung.
Das Dilemma liegt in den Begriffen. Sprache engt ein. "Maler", "Künstler" usw. sind schwammige Begriffe. Ich mein, von Wittgenstein bis Warhol haben das schon viele aufgezeigt und recht gehabt.
Im Übrigen muss, wenn eines wahr ist, das andere nicht falsch sein.
übrigens wurde kein quadrat in den beiden 4096er-erweiterungen mit einem computer errechnet, das ist alles handarbeit, quadrat für quadrat händisch mit liebe hingesetzt.
von diesen schwammigen begriffen halte ich eben auch nichts, ich reagiere da oft ziemlich heftig,
und meine ansichten sind eben meine - andere können wunderbar daneben bestehen ;)
daher auch die großen wortblasen ;)