Sonntag, 26. Oktober 2008

Verzweiflung

Verzweiflung ist ein hohes Gut
sie frisst dich auf, schürt deine Wut

sie lässt dich weinen, nächtelang
sie macht dir Angst, sie macht dich bang

sie treibt das Blut aus deinem Herz
sie lacht dich aus samt deinem Schmerz

sie schlägt dir mitten ins Gesicht
jedoch: sie bleibt – verlässt dich nicht.


(mit ganz großem dank an Michael G. Reiter für die erlaubnis, dieses gedicht hier zitieren zu dürfen)

Ballade der großen Müdigkeit

Ich bin von großer Müdigkeit befallen,
und alles, was ich weiß, ist mir zur Last.
Der Menschheit Jammer hat mich angefaßt
und kommt in immer kürzern Intervallen.

Man soll mich, bitteschön, zu nichts mehr drängen.
Man soll mich schlafen lassen. Es ist spät.
Man soll - wenn´s draußen denn schon weitergeht -
mir feuchte Tücher vor die Fenster hängen.

Ich bin zu alt und werde immer älter.
Ich lauf mir täglich ein Stück voraus,
und kaum gepflückter Impressionen Strauß
verwelkt mir im Erinnerungsbehälter.

Ich hab genug. Ich kann nichts Neues brauchen.
Ich blühe nicht mehr auf. Ich blüh hinab.
Wo geht´s denn da zur Wiege ... ? wo zum Grab .. ?
Ich möchte rückwärts in die Zeiten tauchen.

Ich möchte jünger sein und jedem grollen,
der mich belehrt: „Ja, sie ! Sie sind noch jung !“
Ich möchte Anlauf haben, Luft und Schwung.
Ich möchte wieder älter werden wollen.

Ich möchte vieles planen und erleben,
ich möchte kompliziert und schwierig sein
und jeder Neuerung begierig sein -
novarum rerum cupidus, nun eben.

Ich möchte wieder lachen oder weinen
(es wäre gar kein großer Unterschied)
und überlegen: wie man mich wohl sieht ?
Ich möchte etwas sein und scheinen.

Ich möchte mir ein hohes Ziel erküren,
wie es noch nie ein Mensch vor mir bedacht.
Ich möchte groß und schlaflos in der Nacht
das flügelschlagen meiner Sehnsucht spüren.

Ich möchte, weil ein Mädchen mir nicht glaubte,
das Leben und die Welt nicht mehr verstehen.
Noch lieber möchte ich zugrunde gehn,
weil sie mir nicht den kleinsten Kuß erlaubte.

Ich möchte in entlegnem Dämmergarten,
darauf der Juli rastet reglos warm,
mit einem Notenalbum unterm Arm
auf die, die mir seit gestern du sagt, warten.

Ich möchte jeden scheelen Blicks betrachten,
der mit den Mädchen überhaupt verkehrt,
und einen Freund besitzen, der mich lehrt,
die dummen Gänse gründlich zu verachten.

Ich möchte sämtlichen Verboten höhnen
und eines Tages in verwegner Flucht
entrinnen aller elterlicher Zucht
und nachher unter ihrer Willkühr stöhnen.

Ich möchte nie im fußballspielen rasten
und heimwärtsschleichen mit zerschundnen Knien.
Ich möchte Winnetou und Plastilin
und Matador und Richters Steinbaukasten.

Ich möchte staunend in die Tage treten
mit großen Augen und verwirrtem Sinn,
und lernen, wo ich wohne, wer ich bin.
Ich möchte vor dem Schlafengehen beten.

Ich möchte meine ersten Worte lallen
und schlummern ohne Wissen, ohne Ziel.
Ach alles, was ich weiß, ist mir zu viel.
Ich bin von großer Müdigkeit befallen.

Ich möcht´ hintüber sinken in die Kissen,
ich möcht´ dorthin, wohin ich geh, nicht gehn,
ich möchte alles, was ich seh, nicht sehn,
ich möchte alles, was ich weiß, nicht wissen,

ich möchte alles, was ich fühl, nicht fühlen
und ganz allein sein ... Nein, nicht ganz allein:
ich möchte gern zwei kleine Hunde sein
und miteinander spielen.

Friedrich Torberg (1938)

Freitag, 24. Oktober 2008

wald

abendglühen

die dunkelheit ist tief
das licht erbricht sie kaum
aus bäumen drängt
die schwärze hervor

dennoch glänzt die luft
das wasser trägt den geist
und ferne träume
klingen in den blättern

wenn meine augen
den blick in deine wagen
dann sehe ich dort ein stück
des gleichen waldes

und jeder schritt
und jeder atemstoß
zieht uns weiter
an die quelle

die luft mit regenduft
und das wasser in kieselreichtum
vermählt sich mit der nassen erde
und dem feuer aus dem holze

die farbe des himmels
tröstet für vergangenes
die tränen des regens
sinken in die poren

oh, dampfender wald
wie würde ich dich lieben können
wenn ich ein tier wäre
oder ein stein

schreiberbach - quelle

(1998)

Dienstag, 21. Oktober 2008

offener brief an christoph chorherr

sehr geehrter herr chorherr!

ich habe bei der letzten wahl den grünen (wie versprochen) meine stimme gegeben. nicht etwa, weil sie die beste partei ist, sondern weil sie die am wenigsten schlechte partei ist.
dass menschen wie sie, auch hier im internet, ihre stimme erheben, das ist sehr löblich und gut. machen sie weiter so... bzw. machen sie es doch vielleicht auch noch ein wenig anders. wie ich mir das ungefähr vorstelle, will ich ihnen gerne verraten.

das sterben und begraben werden von dr. jörg haider ist ein thema, das auch sie selbst mit ihrem kommentar in der presse (und mit ihrer völlig sinnfreien frage "was ist das für ein land?") weiter aufblasen. sie stecken also leider auch in der haider-falle, dabei ist das aber nichts neues, weil die linke seite des politischen spektrums seit vielen jahren sich mehr oder weniger in der traurigen verliererrolle festzementiert hat gegenüber diesem nun für alle unerwartet abgegangenen verblender.

das ist sehr schade. auch in hinkunft werden es die grünen sehr schwer haben, mittels "gelassener ruhe" und "intellektuellem scharfsinn" die breiten wählerschichten zu erreichen, die sie eigentlich mit ihren programmen verdienen würden. es ist auch sehr stark in ihrer partei zu finden: das mangelnde verantwortungsgefühl der tatsache gegenüber dass politiker wie jörg haider mit ihrer unbestreitbaren strahlkraft so alleine da stehen (bzw. standen). wo ist der grünpolitiker, der wirklich mit freude, überzeugung und ohne einem hauch von angst in eine (fernseh-)diskussion einsteigt? wo ist der grünpolitiker, der einem peinlichen wicht wie herrn haider die maske vom gesicht herunterreisst? wo war die grüne bewegung in den letzten jahren, wenn an den biertischen xenophober unsinn verzapft wurde? - sushi essen? oder tofuburger? oder gar gebratenen biomais?
ob es die allerbeste taktik ist, darauf zu warten, dass die politischen gegner an altersschwäche (oder bei verkehrsunfällen) sterben, sei hiermit in frage gestellt.

es wird noch die fühlbare enttäuschung im linken lager aufbranden, dass das feindbild nr.1 nun verschwunden ist. es wird auch die linke hälfte (wie auch schon jetzt) heftig an der mythenbildung mitbasteln. schon jetzt graut mir vor den aussichten noch mehr wie vor all dem, was schon zu lebzeiten an hanebüchenem unsinn rund um diesen politiker aufgebaut wurde. unsinn nicht nur von rechts, nein, auch viel unfug von links.

die grüne partei strahlt - und ich bedauere das sehr - zu viel angst und verklemmtheit aus. den aktionismus von früher, vom beginn... der ist verkümmert und kaum noch zu sehen.
wirklich freche und sattelfeste leute (wie z.b. peter pilz) versteckt ihr vorsorglich, denn er hätte ja einem haider locker die stirne bieten können. statt dessen setzt ihr völlig unglaubwürdige und halb schlafende uni-professoren an die erste stelle, die in keiner konfrontation punkten können. auch sie, verehrter herr chorherr, könnten ein wenig präsenter sein, wenn es nach mir ginge. ist die grüne partei wirklich nicht in der lage, ihre talente umfassend zu erkennen und einzusetzen?
ich nenne das: unverantwortliche politik machen.

die grünen scheinen mir viel zu gewohnt in der doch auch bequemen oppositionsrolle festgefahren zu sein. da gibt es immer ein paar wähler in wien, ein paar in graz, sicher großteils junge, urbane, sehr gebildete leute. die genügen den grünen scheinbar schon. andere wählerschichten werden immer wieder ausgegrenzt. ich befürchte sehr, dass das eine marketingtechnische einbahnstrasse ist: und vom marketing und der globalen warenwirtschaft verstehen die grünen heutzutage ja mehr als von der lokalen landwirtschaft oder dem naturschutz, wie es scheint. anders lassen sich die katastrophalen wählerzahlen aus den bundesländern kaum erklären. es beschleicht mich bisweilen der verdacht, dass der wirkliche wille zum ausbau der wählergruppen nicht mehr angestrebt wird, weil es sich in der jetzigen position auch ganz gut als politiker leben lässt. bequemlichkeit kann auch grün sein...

wenn sie sich einmal in einen potentiellen wähler hineinversetzen und sich fragen, warum er sie, die grünen, nicht nur wählen sollte... (denn das ist eine gute idee gewesen, aber natürlich viel zu wenig), viel mehr: was in der langen zeit der nun schon begonnenen legislaturperiode einen menschen dazu bringen könnte, sich bei den grünen "gut aufgehoben" und "verstanden" zu fühlen - was für gute gründe würden ihnen da einfallen? und wie würden sie diese guten gründe kommunizieren? wie würden sie mit diesen guten gründen auf die menschen zugehen?
wenn sie die antwort darauf haben, ist es an der zeit hinauszugehen, mit einem neuen selbstwertgefühl.
es würde der grünen idee sehr nützen, wenn sie und andere ihrer parteikollegen von den programmen, die sie vertreten, wirklich überzeugt sein würden. mit dem herzen und auch mit dem kopf - "the ass will follow" (und das meine ich jetzt nicht nur auf die hintern der politiker bezogen).
den eindruck, dass die grünen von ihren gedanken und ansichten überzeugt sind, habe ich derzeit nur in ganz wenigen blitzlichtmomenten.
immerhin: bei den anderen (vor allem den größeren) parteien noch viel weniger (andererseits: gibt es derzeit eigentlich noch kleinere parteien im parlament, als die grünen?), daher habt ihr ja auch meine stimme erhalten.

ich würde euch gerne das nächste mal mit mehr begeisterung wählen, ihr habt maximal fünf jahre zeit dafür, mir dieses produkt zu liefern.
auch ich werde mir mühe geben, euch mehr wahrzunehmen...

also los!

viele liebe grüße

david ramirer

notiz

ich las einmal irgendwo den gedanken, dass die
meisten menschen nicht lieben würden, wenn sie nie
von der liebe gehört hätten. nun denke ich, dass
das selbe für das streiten gilt: ist doch auch ei-
ne gefechtssituation legendenbildend und ladet
zur nachahmung ein.

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Lieber für etwas gehasst werden, das man ist, als für etwas geliebt werden, das man nicht ist.
André Gide


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