watchmen - der film
WATCHMEN - der comic von alan moore (autor) und dave gibbons (zeichnungen) gehört zum besten, das je im genre comic geliefert worden ist: eine vielschichtige story, die psychologische aspekte kostümierter helden ausleuchtet und so ganz nebenher eine unglaubliche menge anderer zwischenmenschlicher und politischer thematiken behandelt, den leser unweigerlich in das eine oder andere moralische dilemma hineinzieht. dabei spielt die geschichte in einer welt, die der unseren bis auf wenige details gleicht und die zeichnerische umsetzung ist zwar ganz im stile der superhelden-comic-hefte gehalten, erreicht aber dennoch einen grad an realismus, der atemberaubend ist. was bei WATCHMEN am schönsten ist: es ist fast nicht möglich, sich mit einer figur voll zu assoziieren, da alle "helden" ihren knacks haben. weiters bietet die story als comic auch bei wiederholtem lesen immer neue ebenen der erkenntnis, da die bezüge der personen untereinander und die tiefschichtige iconographie der bilder sich wie ein kristall auffalten und ständig neue erkenntnisse ermöglichen.
WATCHMEN gehört jedenfalls zu den wenigen comics, die ich als sternstunden des genres bezeichnen würde, einer der seltenen fälle, wo sich story und umsetzung wirklich kongenial treffen: WATCHMEN ist ein comic, daran besteht kein zweifel, da die story nur im comic umgesetzt werden kann (vergleichbar mit der 9. symphonie von beethoven, die als blockflötenduo oder als roman doch eher startprobleme hätte). WATCHMEN ist gleichrangig zu sehen mit anderen schlüsselwerken der kunstgeschichte.
faksimile eines faksimiles: rorschach in seinem (vor-)letzten panel in kapitel XII von watchmen,
von mir mit tuschefeder kopiert und in mein "journal" geklebt am 8. juli 1993
klarerweise musste sich hollywood auch dieser sternstunde irgendwann annehmen: das aktuelle kino armt und krankt an neuen stoffen, daher werden alle storys, die es schon gibt, irgendwann zu filmen werden - auch wenn die stoffe in ihrer originalform optimal umgesetzt sind. hollywood ist sich ja auch nicht zu dumm, frühere filmsternstunden neu umzusetzen (man denke nur an "psycho"!). die grundfrage, ob das den stoffen eher schadet als nützt, stelle ich mir schon lange, aber das gehört jetzt nicht hier her.
natürlich habe ich mir, ungeduldig, die verfilmung angesehen. ich habe nicht die härte des WATCHMEN-autors alan moore, der im vorfeld der umsetzung schon sagte "diesen mist werde ich mir sicher nicht ansehen" (was bei v for vendetta sicher gut war, denn das schicksal dieses filmes ist ein besonders unglückliches; auch "from hell" ist als film ein reinfall). ich wollte ursprünglich den film auch ignorieren, bekam dann aber vielversprechende trailer im internet zu sehen und entschied mich, dem film eine chance zu geben. denn die bilder in den trailern hatten eine doch beeindruckende visuelle qualität, die ich einräumen musste.
es war mir klar, dass von der dichten handlung einiges wegfallen wird, das wollte ich aber auch gerne in kauf nehmen. der beginn des filmes war ziemlich beeindruckend. der mord am comedian, mit dem auch das comic beginnt, wird sehr actionreich und dramatisch gut umgesetzt, auch der smiley-button fällt dramatisch schön in den rinnstein (obwohl bereits hier ein kleiner regiefehler liegt, weil er nicht im gully, sondern am gehsteig zu liegen kommt... aber bitte, wer wird denn haare spalten?). auch die credits sind mit schönen rückblenden gestaltet, und die darauf folgenden 30 minuten öffnen ein recht schönes fenster auf den tagebuchschreiber rorschach, dan dreiberg, doc manhattan und laurie. adrian veidt jedoch ist, meiner meinung nach, eine echte fehlbesetzung, noch dazu wird bereits hier eine abänderung der handlung vorgenommen, die mir nicht gefiel: dan dreiberg informiert veidt über blakes tod, was im comic rorschach macht: eine unnötige änderung, die dan dreiberg zu früh als handelnde figur ins spiel bringt. irgendwann ab minute 35, oder so, verliert der film an schwung, was besonders dadurch auffällt, dass schlüsselereignisse aus dem comic zwar geschehen, aber in der sequenz nicht stimmig aufeinanderfolgen, weil andere ereignisse gestrichen sind. als doc manhattan auf den mars flüchtet, erfährt man das z.b. erst etwa eineinhalb stunden später - was einen echten regiefehler erzeugt. mich störte auch sehr, dass der hauptgag des buches im film alteriert wurde: auf eine extrem dümmliche art noch dazu, die mit der eleganz der comicidee nichts mehr zu tun hat. die omnipotenz von dr. manhattan ist im film nicht einmal ansatzweise zu spüren. er hat eine viel zu menschliche ausstrahlung und oberfläche. das schiff von nite-owl hat im film den zweifelhaften charme einer rostigen konservenbüchse - im comic ist es ein zwar pummeliges, aber doch auch sehr cooles gefährt. die gentechnisch manipulierte luchs-katze von veidt watschelt kurz und völlig entbehrlich als (schlecht!) pixar-animiertes geschöpf durch die szene: sie wegzulassen, hätte dem film sehr gutgetan (weil ihre präsenz aufgrund des veränderten "masterstrokes" auch wegfallen hätte können... hier ist der drehbuchschreiber nicht tief genug in die watchmen-storydetails eingedrungen). ärgerlich auch, dass die figur von rorschach an ihrer entscheidendsten episode sehr hässlich verändert wurde. was während des ganzen filmes auffällt: immer wieder werden sinnlose, kurze splatter-motive eingefügt um den grad an grausen im publikum künstlich zu erhöhen, was wohl an derartigem unsinn begeistertes publikum anlocken soll.
trotz all dieser enormen fehler transportiert der film über weite strecken das feeling einer WATCHMEN-variante durchaus. als solche kann ich den film auch (zähneknirschend...) gelten lassen. ich hätte es sogar noch viel besser gefunden, wenn man weniger versucht hätte, das original zu kopieren. viel zu oft kommen zitate aus dem buch vor, die in der alternativen variante des films einfach nicht passen. die zitate aus dem doch auch mit viel geist durchsetzten comic wirken in dieser film-umgebung wie aufgesetzter fehltext. der film hätte eine eigene sprache gebraucht (und verdient). der regisseur hat sich mühe gegeben, das muss ich ihm zugestehen - doch er hätte noch ein paar schritte mehr machen müssen, um einen guten film zu haben, und keinen doch im ende nur schlecht ins bild gesetzten comic.
für den WATCHMEN-kenner ist der film eine interessante erfahrung: was kann hollywood umsetzen, und wo hat hollywood angst, dass das publikum enttäuscht ist?
wie viel "geist" verträgt kino überhaupt?
in summa ist der film ein teures palimpsest, das sich besser ganz auf eigene wege hätte begeben sollen, anstatt zu große werktreue walten zu lassen.
so kann ich sagen: netter versuch, wäre sicher (mit den selben mitteln) auch besser gegangen.
WATCHMEN gehört jedenfalls zu den wenigen comics, die ich als sternstunden des genres bezeichnen würde, einer der seltenen fälle, wo sich story und umsetzung wirklich kongenial treffen: WATCHMEN ist ein comic, daran besteht kein zweifel, da die story nur im comic umgesetzt werden kann (vergleichbar mit der 9. symphonie von beethoven, die als blockflötenduo oder als roman doch eher startprobleme hätte). WATCHMEN ist gleichrangig zu sehen mit anderen schlüsselwerken der kunstgeschichte.
faksimile eines faksimiles: rorschach in seinem (vor-)letzten panel in kapitel XII von watchmen,
von mir mit tuschefeder kopiert und in mein "journal" geklebt am 8. juli 1993
klarerweise musste sich hollywood auch dieser sternstunde irgendwann annehmen: das aktuelle kino armt und krankt an neuen stoffen, daher werden alle storys, die es schon gibt, irgendwann zu filmen werden - auch wenn die stoffe in ihrer originalform optimal umgesetzt sind. hollywood ist sich ja auch nicht zu dumm, frühere filmsternstunden neu umzusetzen (man denke nur an "psycho"!). die grundfrage, ob das den stoffen eher schadet als nützt, stelle ich mir schon lange, aber das gehört jetzt nicht hier her.
natürlich habe ich mir, ungeduldig, die verfilmung angesehen. ich habe nicht die härte des WATCHMEN-autors alan moore, der im vorfeld der umsetzung schon sagte "diesen mist werde ich mir sicher nicht ansehen" (was bei v for vendetta sicher gut war, denn das schicksal dieses filmes ist ein besonders unglückliches; auch "from hell" ist als film ein reinfall). ich wollte ursprünglich den film auch ignorieren, bekam dann aber vielversprechende trailer im internet zu sehen und entschied mich, dem film eine chance zu geben. denn die bilder in den trailern hatten eine doch beeindruckende visuelle qualität, die ich einräumen musste.
es war mir klar, dass von der dichten handlung einiges wegfallen wird, das wollte ich aber auch gerne in kauf nehmen. der beginn des filmes war ziemlich beeindruckend. der mord am comedian, mit dem auch das comic beginnt, wird sehr actionreich und dramatisch gut umgesetzt, auch der smiley-button fällt dramatisch schön in den rinnstein (obwohl bereits hier ein kleiner regiefehler liegt, weil er nicht im gully, sondern am gehsteig zu liegen kommt... aber bitte, wer wird denn haare spalten?). auch die credits sind mit schönen rückblenden gestaltet, und die darauf folgenden 30 minuten öffnen ein recht schönes fenster auf den tagebuchschreiber rorschach, dan dreiberg, doc manhattan und laurie. adrian veidt jedoch ist, meiner meinung nach, eine echte fehlbesetzung, noch dazu wird bereits hier eine abänderung der handlung vorgenommen, die mir nicht gefiel: dan dreiberg informiert veidt über blakes tod, was im comic rorschach macht: eine unnötige änderung, die dan dreiberg zu früh als handelnde figur ins spiel bringt. irgendwann ab minute 35, oder so, verliert der film an schwung, was besonders dadurch auffällt, dass schlüsselereignisse aus dem comic zwar geschehen, aber in der sequenz nicht stimmig aufeinanderfolgen, weil andere ereignisse gestrichen sind. als doc manhattan auf den mars flüchtet, erfährt man das z.b. erst etwa eineinhalb stunden später - was einen echten regiefehler erzeugt. mich störte auch sehr, dass der hauptgag des buches im film alteriert wurde: auf eine extrem dümmliche art noch dazu, die mit der eleganz der comicidee nichts mehr zu tun hat. die omnipotenz von dr. manhattan ist im film nicht einmal ansatzweise zu spüren. er hat eine viel zu menschliche ausstrahlung und oberfläche. das schiff von nite-owl hat im film den zweifelhaften charme einer rostigen konservenbüchse - im comic ist es ein zwar pummeliges, aber doch auch sehr cooles gefährt. die gentechnisch manipulierte luchs-katze von veidt watschelt kurz und völlig entbehrlich als (schlecht!) pixar-animiertes geschöpf durch die szene: sie wegzulassen, hätte dem film sehr gutgetan (weil ihre präsenz aufgrund des veränderten "masterstrokes" auch wegfallen hätte können... hier ist der drehbuchschreiber nicht tief genug in die watchmen-storydetails eingedrungen). ärgerlich auch, dass die figur von rorschach an ihrer entscheidendsten episode sehr hässlich verändert wurde. was während des ganzen filmes auffällt: immer wieder werden sinnlose, kurze splatter-motive eingefügt um den grad an grausen im publikum künstlich zu erhöhen, was wohl an derartigem unsinn begeistertes publikum anlocken soll.
trotz all dieser enormen fehler transportiert der film über weite strecken das feeling einer WATCHMEN-variante durchaus. als solche kann ich den film auch (zähneknirschend...) gelten lassen. ich hätte es sogar noch viel besser gefunden, wenn man weniger versucht hätte, das original zu kopieren. viel zu oft kommen zitate aus dem buch vor, die in der alternativen variante des films einfach nicht passen. die zitate aus dem doch auch mit viel geist durchsetzten comic wirken in dieser film-umgebung wie aufgesetzter fehltext. der film hätte eine eigene sprache gebraucht (und verdient). der regisseur hat sich mühe gegeben, das muss ich ihm zugestehen - doch er hätte noch ein paar schritte mehr machen müssen, um einen guten film zu haben, und keinen doch im ende nur schlecht ins bild gesetzten comic.
für den WATCHMEN-kenner ist der film eine interessante erfahrung: was kann hollywood umsetzen, und wo hat hollywood angst, dass das publikum enttäuscht ist?
wie viel "geist" verträgt kino überhaupt?
in summa ist der film ein teures palimpsest, das sich besser ganz auf eigene wege hätte begeben sollen, anstatt zu große werktreue walten zu lassen.
so kann ich sagen: netter versuch, wäre sicher (mit den selben mitteln) auch besser gegangen.
david ramirer - Sonntag, 8. März 2009, 19:04
lustig,
gute idee,
comiclesen
gar nicht so schlecht hat mir wider erwarten sin city (- da bin ich gefälligkeitshalber auch nur in den film mitgegangen) gefallen.
watchmen ist auch für nicht-comicleserinnen wirklich empfehlenswert!
schlag/frag nach u.a. bei walküre :-)
Vielleicht landet der Film als DVD bei uns - mal schauen.
@walküre